Industrial Ethernet

In den 90ern nahm der Bedarf an schneller Übertragung, größeren Datenmengen, vieler Teilnehmer über ein einheitliches Medium zu. Die IAONA (Industrial Automation Open Network Alliance) legte mit über 100 an der Entwicklung beteiligten Firmen den Grundstein für Industrial Ethernet auf Basis der Norm IEE802.3.

Dabei waren die zu dieser Zeit üblichen 10 Mbit/s und die kollisionsbehaftete Übertragung Hürden die genommen werden mussten. Erst auf Basis der Fast-Ethernet Technik mit Switch-Technik, Voll-Duplex-Übertragung und Kollisionserkennung war das Ziel einer durchgängigen Infrastruktur auch vertikal greifbar. Dabei können sowohl industrielle Protokolle als auch IT-Protokolle über das gleiche Medium übertragen werden.

Die ersten standardisierten Protokolle am Markt waren ModbusTCP und Ethernet/IP. Für die meisten Anwendungen waren diese gut geeignet und sind daher heute sehr weit verbreitet.

Es gibt viele Industrial Ethernet Protokolle bei denen ganze Feldbus-Protokolle oder Datenstrukturen vom bisherigen Feldbus-Medium auf Ethernet umgesetzt wurden. Diese wurden einfach in einen Ethernet-Protokollrahmen eingebettet.

FeldbusIE-Variante
ModbusRTUModbusTCP
PROFIBUSPROFINET
       DeviceNet/ControlNet       Ethernet/IP
CANopenEtherCAT
Sercos IISercos III
CC-Link       CC-Link IE Field       

Die ersten Industrial Ethernet Protokolle waren allerdings nur bedingt echtzeitfähig, da - abhängig von Infrastruktur und Auslastung durch den Datenverkehr - die Übertragungszeiten variieren können. Zu diesem Zeitpunkt hatten die klassischen Feldbusse noch ihre Vorteile, bedingt durch das deterministische (vorhersagbare) Verhalten der Übertragungszeiten. Da in einem Ethernet Netzwerk jeder Teilnehmer nach Bedarf auf das gemeinsame Medium (Ethernet) zugreift, ist das Zeitverhalten gegenüber einem Master/Slave basiertem Netzwerk mit festgelegten Buszyklen schwer einschätzbar.

Das gemeinsame Medium bricht auch mit dem Modell der klassischen Automatisierungspyramide der Feldbusse, bei denen es bestimmte Systeme für die verschiedenen Ebenen gab. Nun kann ein Sensor der Feldebene Prozessdaten an die SPS liefern und gleichzeitig Qualitäts- und Zustandsdaten an ein überlagertes System.

Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit komplexere Strukturen zu bilden und zum Beispiel Netzwerke zu segmentieren und definierte Übergänge zu schaffen.

Bedingt durch die neuen Möglichkeiten des gleichzeitigen Buszugriffs nach Bedarf jedes Teilnehmers war die klassische Denkweise in Master/Slave-Teilnehmer überholt und die Begrifflichkeit der Client/Server-Architektur wurde geprägt. Dabei stellt ein Teilnehmer zum Beispiel Daten oder Dienste bereit, Server genannt. Der Client, hier der aktive Teilnehmer, greift auf die Daten oder Dienste zu. Dem entsprechend können bei vielen Industrial Ethernet Systemen mehrere Clients auf einen Server zugreifen. Für einige Industrial Ethernet Technologien gibt es allerdings auch andere Begrifflichkeiten, auch bedingt durch abgewandelte Funktionalität. Grob kann man diese aber wie folgt zuordnen:

Klassischer FeldbusMasterSlave
ModbusTCPClientServer
PROFINET     Controller          Scanner     
       Ethernet/IP       Scanner     Adapter     
EtherCATMasterSlave
Sercos IIIMasterSlave
PowerlinkMasterSlave
OPC-UAClientServer
MQTTBrokerAgent

Das Problem mit dem deterministischen Zeitverhalten wurde beginnend 2010 mit sogenannten "Echtzeitfähigen Industrial Ethernet Protokollen" angegangen. Diese legen eine klare Priorisierung der Kommunikation auf Prozessdaten, wie PROFINET IO, CC-Link IE Field, ...

Für Anwendungen zum Beispiel in der Antriebssteuerung gibt es zusätzlich Industrial Ethernet Varianten, die zwar die Anforderungen auf minimale Latenzzeiten erfüllen, aber über die nur bedingt IT-Protokolle übertragen werden können. Um die benötigten Übertragungszeiten zur erreichen werden spezielle Switche/Hubs benötigt, wie bei PROFINET IRT oder EtherCAT. Nur in dieser Kategorie der Industrial Ethernet Technologien sind auch Topologien für redundante Verdrahtung vorgesehen. Hier gibt meist die Steuerung den Takt vor und die Bezeichnung Master/Slave für Teilnehmer war passend.

Industrial Ethernet ProtokollEchtzeitfähigMotion Control
ModbusTCPEthernet/IPEtherCAT
    PROFINET IO        PROFINET IRT     
             Powerlink     Sercos III     
Ethernet Entwicklung in der Fabrikautomation
1970er1980er1990er2000erheute

Ethernet





 

Ethernet




 

Ethernet





 

PROFINET
Ethernet/IP
EtherCAT
Powerlink
ModbusTCP
CC-Link-IE
Sercos III  

PROFINET
Ethernet/IP
EtherCAT
Powerlink
ModbusTCP
CC-Link-IE
Sercos III 

Vielfalt der Übertragungsmedien

Die bereits in der IT verfügbaren Übertragungsmedien, wie Kupfer- und Glasfaser-Verbindungen, können für viele Protokolle genutzt werden. Ebenso Funk-Verbindungen wie WLAN oder Bluetooth. Die Vielfalt der möglichen Übertragungswege erweitert das Anwendungsspektrum enorm.

IT-Funktionen und IT-Protokolle

Auf Grund der Möglichkeit von Ethernet Teilnehmern mehrere gleichzeitige Verbindungen aufzubauen, ergibt sich bei Industrie-Geräten zusätzlich zu einem Industrial Ethernet Protokoll die Möglichkeit IT-Funktionalität und IT-Protokolle zu implementieren.

Industrie-Geräte mit Webserver, die mit dem HTTP-Protokoll (Hypertext Transfer Protocol) arbeiten, können per Weboberfläche konfiguriert und diagnostiziert werden oder Daten visualisieren.

Per FTP-Protokoll (File Transfer Protocol) lassen sich beispielsweise Firmware-Updates einspielen.

Das SNMP-Protokoll (Simple Network Management Protocol) ermöglicht die Überwachung industrieller Komponenten. In der IT-Welt wird dies bereits mit Servern, Swichten, Routern praktiziert, um deren Status, Auslastung, etc. zu überwachen.

Per SMTP-Protokoll (Simple Mail Transfer Protocol) können Geräte auch E-Mails verschicken.

Mit den Vorteilen kommen die Risiken

Durch die Vernetzung von IT und OT sind Anlagen und Maschinen nun mit ähnlichen Risiken konfrontiert wie die IT-Welt bzgl. Cybersicherheit.

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